Sonntag, 23. Dezember 2012

Meine Weihnachten

Weihnachten steht vor der Tür und zum zweiten Mal in meinem Leben werde ich es nicht in meinem Elternhaus in Bischofszell feiern. Während es letztes Jahr noch ziemlich gewöhnungsbedürftig war, tropische Weihnachten fern von Zuhause zu erleben, hat sich dies mittlerweile geändert. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass es dieses Jahr wiederum keine Weihnachts-“Guetzli“ geben wird, dass ich keinen Mitternachtsgottesdienst besuchen werde und dass der heilige Abend hier ziemlich sicher keine stille Nacht sein wird. Hier in Bali wird Weihnachten nun halt einfach einmal mit Böllern und Feuerwerk gefeiert – ob ich will oder nicht.

Trotz all dieser Veränderungen blicke ich sehr entspannt auf das kommende Weihnachtsfest. Dies liegt nicht ausschliesslich am Faktor Gewohnheit, sondern auch an meiner neuen Einstellung. Denn als ich mir letztes Jahr Gedanken über die Bedeutung von Weihnachten machte, habe ich „meine“ Weihnachten gefunden. Und da meine Weihnachten eng mit meiner Familie verbunden sind und das Erzählen von Geschichten in meinem Elternhaus seit Jahren zum heiligen Abend gehört, habe ich letztes Jahr für meine Liebsten meine Weihnachtsgeschichte niedergeschrieben. Und diese will ich heute gerne mit Euch teilen:


Nur keine Weihnachtslieder

Kaum ein Anlass hat sich in Davids Augen in den 30 Jahren seines Lebens so verändert, wie Weihnachten. Die frühesten Erinnerungen, die David an Weihnachten hat, sind ein oranges Wigwam, ein weiss-rotes BMX und ein Blick durchs Schlüsselloch auf den Christbaum. Während erstere zwei Geschenke waren, die bei dem Knaben einen bleibenden Eindruck hinterliessen, war das Schlüsselloch eng mit Davids Neugier verbunden. 

Wenn die Stube am Nachmittag des 24. Dezembers jeweils zur Sperrzone für alle Kinder erklärt wurde, da das Christkind den Baum schmücken und die Geschenke bringen müsse, wurde die Stube für den Jungen umso interessanter. Nie hätte er es gewagt, trotz des Verbots in die Stube zu treten und das Christkind bei seiner Arbeit zu stören. Dafür war er schlicht zu gut erzogen. Und zudem zu besorgt, dass es einen negativen Einfuss auf die Grösse und Anzahl seiner Geschenke hätte...

Doch ein Blick durchs Schlüsselloch war einfach zu verlockend für ihn. Nicht nur, weil er sein wichtigstes Gebot – lass Dich nicht erwischen – nicht in Gefahr sah, sondern auch, weil er ja eigentlich nichts Unerlaubtes tat. Seine Mutter hatte ihm nur gesagt, er dürfe die Stube nicht betreten; vom nicht hineinschauen war keine Rede.

Obwohl er sich vor der Türe hin und her bewegte und das Schlüsselloch der alten Türe ihm einen ziemlich guten Einblick in die Stube gewährte, schaffte er es nicht, dass Christkind bei seiner Arbeit zu erwischen. Das einzige, was er sah, waren ein paar Zweige des Christbaums und ein halbes Dutzend roter Kugeln. 

So sehr sich David auch anstrengte, es wollte ihm einfach keine weiteren Erinnerungen an Weihnachten in seiner frühen Kindheit in den Sinn kommen. Dies war für ihn keineswegs ungewöhnlich, denn er erinnerte sich allgemein nicht an viele Dinge aus seiner Kindheit. Er redete sich ein, dass dies keineswegs aussergewöhnlich war. Denn er glaubte, je unbeschwerter eine Kindheit war, desto weniger davon bliebe im Bewusstsein stecken. Dass er sich an kaum etwas erinnerte, musste also ein gutes Zeichen sein.

Wieso aber zerbrach sich David plötzlich den Kopf über seine Beziehung zu Weihnachten? Ganz einfach – weil er das erste Mal selbst für Weihnachten sorgen musste. Denn als sich David nach dreissig Jahren auf das erste Weihnachtsfest ohne seine Familie vorbereitete, merkte er, dass er erst herausfinden musste, was Weihnachten überhaupt war. „Was bedeutet Weihnachten für mich?“ fragte er sich je häufiger, je näher der Festtag rückte.

Bisher war Weihnachten etwas Selbstverständliches für ihn, etwas, das jedes Jahr am gleichen Datum zur gleichen Zeit stattfand. Ausser dem Finden von passenden Geschenken für seine Liebsten und kleinen Hilfeleistungen in der Küche, war Weihnachten für David mit keinerlei Aufwand verbunden. Seine Familie „machte“ ihm Weihnachten. Er konnte sich einfach zurücklehnen und geniessen. Zumindest seit Geschenke nicht mehr der Mittelpunkt von Weihnachten waren und er keine Lieder mehr singen musste.

Als David wohl so gegen 10 Jahre alt war, interessierte ihn an Weihnachten nur eins: Die Geschenke. Obwohl er schon immer eine sehr enge Beziehung zum Essen hatte und man ihm dies schon seit frühester Kindheit ansah, wurde das Weihnachtsessen trotzdem zu einer Tortur für ihn. Da seine Familie den Brauch hatte, an Weihnachten Fondue Chinoise zu essen, konnte es eine gefühlte Ewigkeit dauern, bis das Mahl beendet war. 

Damit David garantiert bereit war, wenn alle anderen satt waren, stopfte er jeweils so viel Fleisch auf seine Chinoise-Gabel, wie diese erlaubte. Er schmeckte das Essen überhaupt nicht, sondern schlang einfach alles so schnell wie möglich herunter. Das einzige, woran er denken konnte, waren seine Geschenke und wie er diese so bald wie möglich auspacken konnte. Hatte er seine Pflicht am Essenstisch getan, sass David ungeduldig in seinem Stuhl und konnte es kaum ertragen, wie seine Familienmitlieder das Essen in aller Gemütlichkeit genossen. 

Seine Ungeduld war so gross, dass er seiner Mutter sogar freiwillig beim Abräumen des Tisches half; etwas Unvorstellbares an einem normalen Werktag. Und dies tat er, obwohl er wusste, dass das Schlimmste noch bevorstand; das Singen von Weihnachtsliedern. 

Wie er dies hasste! Er konnte es nicht ausstehen, gemeinsam mit seinen Eltern und seinen zwei Schwestern Weihnachtslieder zu singen. Nicht nur, weil er ein ziemlich schlechter Sänger war und ihm die Lieder so gar nicht gefielen. Sondern vor allem, weil er es direkt vor dem Christbaum in Anbetracht seiner Geschenke tun musste. Für ihn wurde das Singen so zu einer Folter. Die Objekte seiner Begierde waren in Griffnähe und der heilige Abend hatte bereits begonnen. Dennoch durfte er sich noch nicht auf seine Geschenke stürzen; etwas total Unverständliches und Gemeines in Davids Augen. 

Als David sich nun Gedanken über die Bedeutung von Weihnachten machte und sich an diese heiligen Abende in seiner Kindheit erinnerte, wurde ihm nicht nur klar, woher seine Abneigung fürs Singen kam, sondern auch, wie gegensätzlich seine Auffassung von Weihnachten geworden ist. Im Erwachsenenalter wurde Weihnachten für ihn vor allem ein gemütlicher Abend zu Hause zusammen mit seiner Familie. Gutes Essen, feiner Wein, eine oder zwei Geschichten, Mitternachtsgottesdienst und danach noch eins Trinken gehen mit seinen ehemaligen Schulkameraden. Das war Weihnachten für ihn – glaubte er zumindest...

An dem Tag, als ihm bewusst wurde, dass er solche Weihnachten nur zu Hause in der guten Stube seines Elternhauses feiern konnte, er jedoch während dem vor der Tür stehenden Weihnachtsfest Tausende von Kilometern von seiner Heimat entfernt sein würde, begann er zum ersten Mal nach der wahren Bedeutung von Weihnachten zu suchen. Nach dem Motto „Man lernt etwas erst richtig schätzen, wenn man es nicht mehr hat“, machte er sich auf die Suche nach „seinen“ Weihnachten.

Zuerst dachte er, dass es wohl am besten wäre, wenn er sich auf die Suche nach einem Christbaum machen würde. Ein paar glänzende Kugeln und ein paar Kerzen würden schon helfen, Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Als ihm dann aber klar wurde, dass es sich durchaus schwierig gestalten könnte, im grösstenteils islamischen Indonesien Weihnachtsschmuck zu finden, ganz zu schweigen von einer Tanne, mussten „seine“ Weihnachten einen anderen Mittelpunkt haben.

Dann glaubte er, dass sein indonesischer Freund ihm vielleicht bei der Schaffung „seiner“ Weihnachten helfen könnte. Als er diesen einmal an einem Sonntag treffen wollte, sagte dieser ihm ab, da er sonntags jeweils in die Kirche gehe. So wäre es doch durchaus möglich, dass auch in Indonesien ein Mitternachtsgottesdienst stattfindet, dachte sich David. Als er schon im Begriff war, seinen Freund anzurufen und nachzufragen, merkte er, dass ihn diese Lösung nicht befriedigte. Ein Gottesdienst alleine konnte unmöglich „seine“ Weihnachten sein. Und schon gar nicht, wenn er während der Messe nur wenige Worte verstehen würde.

Er war lange am grübeln und glaubte schon, seine Suche erfolglos abbrechen zu müssen, als ihm plötzlich ein Licht aufging: „Seine“ Weihnachten war kein Baum, kein Ort, keine bestimmte Stube. Und „seine“Weihnachten war auch kein bestimmtes Ritual, kein Festessen, keine Weihnachtsgeschichte und auch kein Mitternachtsgottesdient. „Seine“ Weihnachten waren immer jene Menschen, die ihm am nächsten standen. Waren dies bis anhin seine Eltern und seine beiden Schwestern gewesen, so würde dieser Kreis nun einfach um seine Freundin erweitert werden.

Es machte also überhaupt keinen Unterschied, ob er den heiligen Abend in seinem Elternhaus, unter Palmen oder auf See verbringen würde. Das „wie“ und das „wo“ waren für Davids Weihnachten nicht mehr von Belangen. Das einzige was zählte, war das „mit wem“.

Und er wusste nun auch, dass Weihnachten für ihn nicht mehr nur ein Abend war, nicht mehr nur der 24. Dezember, nicht mehr nur die warme Stube in seinem Elternhaus. Er brauchte nun keinen Christbaum und keine Geschenke mehr, um das zu schätzen, was Weihnachten für ihn ausmachte. Er brauchte nun keinen speziellen Anlass mehr, um ihn an das Glück zu erinnern, das er Jahr ein Jahr aus durch seine Liebsten erfahren durfte. 

So brauchte er sich keine Sorgen mehr zu machen, dass er dieses Jahr keine Weihnachten zustande bringen, dass Weihnachten ohne ihn stattfinden würde. Denn „seine“ Weihnachten begannen schon am selben Tag. Und er nahm sich fest vor, dass sie noch ganz lange dauern sollten. Dies nicht nur, weil er so zu ihren Ehren keine Weihnachtslieder mehr singen musste...


Ich wünsche Dir von Herzen frohe Weihnachten und gesegnete Festtage. Und wenn Dir Weihnachten bisher nichts bedeutet hat, dann solltest Du Dir vielleicht auch einmal ein paar Gedanken über dieses Fest machen. Denn auch wenn Dir Weihnachten an sich nichts sagt, ist es dennoch eine hervorragende Gelegenheit, um jenen Menschen Wertschätzung zu zeigen, die das ganze Jahr hindurch für Dich da sind.

Samstag, 15. Dezember 2012

Meine Geschichtte

Jedes Ding hat eine Geschichte. Kennt man diese oder zumindest einige wichtige Auszüge aus dieser, gewinnen diese Dinge oftmals an Wert. Doch nicht nur dies. Sie schaffen es so auch häufig, ein wenig Speicherplatz in den Gehirnen von Menschen zu erobern.

Da sich dies nicht anders mit Namen verhält, möchte ich heute meine Geschichte mit Euch teilen. Natürlich nicht meine ganze Geschichte, sondern nur einen kleinen Ausschnitt daraus. Denn jemandem meine ganze Geschichte zuzumuten, wäre doch eher kontraproduktiv; man müsste danach unweigerlich annehmen, ich würde nur so langweilige Zeilen zustande bringen.

Das Erlebnis, welches ich mit Euch teilen will, wurde mir bei der Vorbereitung auf diesen Blog auf schöne, aber dennoch unmissverständliche Weise in Erinnerung gerufen. Vielleicht versteht manch einer von Euch nach diesem kurzen Einblick in mein Leben, woher ich die Zuversicht für das Projekt Namenmachung nehme und woher ich die Gewissheit habe, auf dem richtigen Weg zu sein.

Im Frühjahr 2009 unternahm ich während einem dreiwöchigen Urlaub eine Reise nach Südostasien. Mein Plan war es eigentlich, über das nördliche Thailand nach Kambodscha zu reisen, dort die Tempel von Angkor zu besuchen und abschliessend einige Tage am Meer auf Koh Chang zu verbringen. Als ich jedoch im Flugzeug nach Bangkok meinen Reiseführer über Kambodscha studierte, sprach mich ein vorbeigehender, älter Herr an. „Ah, Kambodscha“, meinte er und fragte mich, ob er sich auf den freien Sitz neben mir setzen darf.

Nach einem ziemlich langen Gespräch waren meine Reisepläne über den Haufen geworfen. Mein erstes Ziel hiess nun Laos. Denn der sympathische Herr konnte mich vollends überzeugen, dass ein Umweg über den Süden Laos' nach Kambodscha eine traumhaft schöne Route und genau das sei, wonach ich suchte.

Zwei Tage später sass ich schliesslich in einem Nachtzug, der mich an die laotische Grenze bringen sollte. Als der Schaffner meine Sitzbank in ein Bett umwandeln wollte, lernte ich im Zugkorridor ein Pärchen aus dem Süden Deutschlands kennen, dass ähnliche Pläne wie ich hatte. So ergab es sich, dass wir die nächsten 10 Tage gemeinsam durch das südliche Laos und das nördliche Kambodscha reisten.

Um es kurz zu machen: Der ältere Herr im Flugzeug hatte nicht zu viel versprochen. Die Reise war ein Traum. Ein Abenteuer, das mir unendlich viele neue Eindrücke schenkte und in mir eine Leidenschaft aufkommen liess, die man wohl am treffendsten als Reisefieber bezeichnet.

Nach einer wunderbaren Zeit mit meinen zwei neuen Freunden und vielen unvergesslichen Erlebnissen, hiess es dann kurz vor Phnom Penh Abschied nehmen. Während ich unbedingt die Tempel von Angkor sehen wollte, reisten meine zwei neuen Freunde an die kambodschanische Küste weiter.

Obwohl solche Abschiede mit Reisebekanntschaften oftmals für immer sind, war ich mir ziemlich sicher, dass es in diesem Fall anders sein würde. Ich ahnte jedoch nicht, wie Recht ich mit meiner Einschätzung hatte.

Als ich eine gute Woche später, am Morgen meines Geburtstages, an den Strand in der Nähe meiner Unterkunft auf Koh Chang ging, traf mich der Schlag. Da lagen doch tatsächlich meine beiden Schwaben direkt vor mir im Sand. Ich war sprachlos und total überrumpelt. „Wir dachten, dass wir doch ein Geburtstagsbier mit Dir trinken wollen“, war ihre simple Erklärung für das überraschende Wiedersehen.

Ich war selten so gerührt. Ich freute mich unglaublich über dieses einmalige Geburtstagsgeschenk und konnte es einfach nicht fassen. Denn während wir nach dem Abschied nehmen in ständigem Kontakt via SMS waren und sie unbedingt wissen wollten, wie „mein“ Strand auf Koh Chang so war, hatte ich seit ein paar Tagen nichts mehr von ihnen gehört. Dies schien mir zwar sehr ungewöhnlich. doch ich dachte, dass dies bestimmt am nicht sehr zuverlässigen, kambodschanischen Mobilfunknetz liege. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass solch eine Überraschung der Grund dafür war.

Obwohl schon diese Überraschung viel mehr war, als man sich von einem gelungenen Geburtstag erhoffen kann, wartete noch ein weiteres Geschenk auf mich. Beim gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant direkt am Strand, erhielt ich von meinen Freunden ein Buch geschenkt. Es hiess „Das Ende ist mein Anfang“ und wurde von Tiziano Terzani und Hilfe dessen Sohnes geschrieben.

Obwohl das Buch gebraucht war und ich den Autor bis dahin nicht kannte, freute ich mich riesig über das Geschenk. Denn meine Freunde hatten auf der ersten Seite ein paar Zeilen nur für mich darin verewigt. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut der Geburtstagswünsche erinnern, mit Ausnahme eines Satzes: „Vielleicht findest Du Dich darin selbst wieder.“

Das Lesen des Buches war ein weiteres wunderschönes Geschenk. „Das Ende ist mein Anfang“ ist eines der schönsten Bücher, das ich je gelesen habe. Und das will doch etwas heissen, denn ich habe schon sehr viele Bücher gelesen.

Terzanis Geschichte wird anhand eines Gespräches mit seinem Sohn erzählt, das sich über mehrere Wochen kurz vor seinem Tod hinzieht. Terzani wollte seinem Sohn etwas weitergeben, bevor er nach einer schweren Krankheit unsere Welt verliess. Und dies ist ihm ohne jeden Zweifel gelungen. Denn seine Ausführungen über seine vielen Reisen, seine Tätigkeit als Korrespondent beim Spiegel und sein Leben als Asket im Himalaya sind schlicht und einfach hervorragend.

Terzanis Worte haben mir jedoch nicht nur unglaublich gefallen, sondern mich auch auf eine ganz spezielle Weise angesprochen. Seine Worte haben eine Tiefe, eine Reife, die man nicht einfach irgendwo findet. Sie scheinen genau das zu haben, was Carlton in „Hund sei Dank“ als die Zutaten für Weisheit bezeichnet: Erfahrung kombiniert mit Reflexion.

Obwohl ich diese kleine Geschichte niemals vergessen werde, war sie während den Vorbereitungen auf diesem Blog nicht in meinen Gedanken. Als ich mich jedoch ein wenig mit Blogger vertraut machen wollte, stiess ich per Zufall auf den Blog von Mr. Coconutyoga. Sehr bald kamen in mir jedoch Zweifel auf, ob es sich dabei wirklich um einen Zufall handelte. Denn obwohl ich eigentlich nach Berichten über Bali, über mein derzeitiges Zuhause, suchte, fand ich in seinem Blog einen älteren Beitrag über eben diesen Tiziano Terzani.

Sofort war ich mit meinen Gedanken wieder an jenem wunderschönen Tag, an jenem einmaligen Geburtstag. Doch ehe ich mich versah, liess mich Herr Terzani aus meinen Tagtraum in die Gegenwart zurückkehren. Denn im Blogeineitrag befasste sich Terzani genau mit der Problematik, mit welcher ich im Moment zu kämpfen habe:

“Mein Name, mein Beruf, meine Herkunft, all das, was ich einst herangezogen hätte, um mich zu beschreiben, gehörte nicht mehr zu mir. (…) Was bleibt von mir ohne meinen Namen, ohne all das, woran ich mein ganzes Leben lang so hartnäckig gearbeitet habe?”

Die traurige Einsicht, dass es in der heutigen Gesellschaft von enormer Wichtigkeit ist, einen Namen zu haben, gewann Terzani jedoch ziemlich sicher schon lange zuvor. Um jedoch von seiner Arbeit als Auslandskorrespondent und Schriftsteller leben zu können und um seine Familie zu ernähren, blieb ihm wohl keine andere Wahl, als sich mit diesem Schicksal zu arrangieren. Und so fiel diese Last erst von seinen Schultern, als ihn eine schwere Krankheit zum Nachdenken brachte.

Wie ich mir wünschen würde, diese Einsicht zu leben! Doch leider sehe ich mich gezwungen, in die genau entgegengesetzte Richtung zu gehen. Denn so gut es mir auch im Hintergrund gefällt und so wenig mich der Bekanntheitsgrad meines Namens oder meiner Person auch interessiert, muss ich mich dennoch auch mit meinem Schicksal arrangieren. Denn meinen Traum zu leben, heisst, mir einen Namen zu machen...

Auch wenn diese Geschichte nur einen kleinen Einblick auf die Beweggründe gewährt, die mich zum Projekt Namenmachung drängten, ist sie für mich dennoch von grosser Wichtigkeit. Dies nicht nur, weil sie mir auf unvergessliche Weise zeigte, auf dem richtigen Weg zu sein. Sondern auch, weil sie hier nur die schöne Stellvertreterin für viele weitere kleine Geschichten ist, die mir Ähnliches zeigten...

Freitag, 7. Dezember 2012

Mein Name

Einen Namen müsste man haben. Nicht unbedingt einen einmaligen. Nicht unbedingt einen exotischen. Und nicht unbedingt einen besonderen. Nein, einfach einen Namen, den viele kennen.

Diese Erkenntnis musste ich in den vergangenen Monaten gewinnen. Leider. Denn bis vor nicht allzu langer Zeit habe ich noch geglaubt, dass meine Arbeit für sich selbst spricht, dass meine Ansammlungen von Buchstaben und Pixeln ihren Weg schon alleine gehen würden. Ich dachte tatsächlich, dass ich meine Arbeiten auf irgendeinem Weg an die Öffentlichkeit bringen kann, währenddessen ich selbst im Hintergrund bleibe. Wie falsch ich lag...

„20 Prozent sind deine Arbeit und 80 Prozent sind dein Name.“ Das sind die Worte eines Bekannten von mir, der als Künstler die gleiche Erfahrung wie ich machen musste. Dies hört sich nicht nur ziemlich krank an, sondern ist es auch. Doch leider Gottes ist es wohl nichts als die Wahrheit. Was zählt, ist, wer du bist und nicht was du tust. Der Bekanntheitsgrad einer Person hat eindeutig mehr Einfluss als die geleistete Arbeit und deren Qualität. Wer bekannt ist, tut gut. Dies gilt zumindest für jene handwerklichen Produkte, die nicht wirklich von Nöten sind, sondern mehr der Unterhaltung und dem Vergnügen dienen.

Leider gehören meine Buchstaben und Pixel genau in diese Kategorie Handwerk. Und dies hat mich in eine ziemliche Zwickmühle gebracht. Soll ich meinen Traum aufgeben, mir einen normalen Job als Journalist, Politologe oder Fotograf suchen und meinen Namen dort lassen, wo er ist, nämlich in der öffentlichen Bedeutungslosigkeit? Oder soll ich versuchen, mir einen Namen zu machen, um meinen Traum in meinen Traumberuf zu verwandeln?

In den letzten zwei Jahren durfte ich meinen Traum bereits leben. Ich habe aus meinem Rucksack ein Büro gemacht und einfach überall dort gearbeitet, wo es mich gerade hin verschlagen hat. Natürlich handelt es sich bei meinem Rucksack nicht um ein hundsgewöhnliches Exemplar, sondern um einen speziellen Kamerarucksack, der Platz für meinen Notebook, meine Kamera, meine Linsen und jegliches Zubehör bietet. So war es mir möglich, durch Südasien zu reisen und gleichzeitig Hunderte von Fotos zu schiessen und mein erstes Buch „Hund sei Dank“ zu schreiben. Es gibt nur eine einzige, aber leider entscheidende Komponente, die mir noch fehlt, um aus meinem Traum meinen Traumberuf zu machen: Ein Einkommen.

Da mein Erspartes langsam aber sicher zuneige geht, muss ich gezwungenermassen bald wieder Geld verdienen. Es muss nicht viel sein. Ich bin absolut gewillt, mich mit weniger Materiellem zufrieden zu geben, wenn ich einer Arbeit nachgehen kann, die mir Freude bereitet. Denn ich will nicht reich werden, sondern nur glücklich bleiben.

Wegen diesem Umstand und der Tatsache, dass ich ein Träumer und Optimist bin, habe ich mich entschlossen, es zu versuchen. Ich will aus meinem Traum meinen Traumberuf machen. Und da dies wohl nur auf eine Weise geht, fange ich sofort damit an. Deshalb merk Dir diesen Namen: David Aeneas Giger.

Obwohl ich bisher nur meinen Vor- und meinen Nachnamen benutzte, werde ich bei diesem Projekt auch auf meinen mittleren Namen zurückgreifen. Wenn ich schon das Glück habe, einen solch schönen und speziellen zweiten Namen zu haben, darf ich diese Hilfeleistung nicht einfach so ignorieren. Und sollte Nomen tatsächlich gleich Omen sein, dann kann ich mir wohl doch einiges von meinem zweiten Namen erhoffen. Denn mein Namensvetter hat sich sowohl in der griechischen als auch in der römischen Mythologie einen Namen gemacht. Er soll nicht nur einer der tapfersten Trojaner gewesen sein, sondern nach dem Untergang Trojas auch den Grundstein für die spätere Stadt Rom gelegt haben. Und da ich mir ja nur einen Namen machen und kein neues Rom gründen will, ist die Hoffnung auf ein bisschen Rückenwind durch meinen zweiten Namen nicht ganz unbegründet.

Da man jedoch ein solch gewagtes Projekt nie ohne Vorbereitung in Angriff nehmen sollte, habe ich mir einige Gedanken gemacht und einen Schlachtplan geschmiedet. Dieser enthält folgende acht Punkte:
  1. Ich werde diesen Blog hier führen und meine Erfahrungen und Fortschritte beim Projekt Namenmachung mit Euch teilen. Dabei werde ich versuchen, den Namen David Aeneas Giger dermassen oft zu erwähnen, dass Ihr den Namen David Aeneas Giger gezwungenermassen irgendwo in Eurem Gehirn abspeichern werdet und Ihr so den Namen David Aeneas Giger nicht mehr vergessen könnt.
  2. Ich habe mir eine neue Homepage gemacht und darin meine Arbeiten und meine Person vorgestellt. Da ich bei meiner Namenmachung natürlich nicht auf Networking verzichten kann, findet man auf www.davidgiger.ch links zu meiner Facebook-Seite und zu diesem Blog. Auf der Startseite wird ausserdem jeweils der neuste Blogeintrag zu lesen sein.
  3. Ich bin mein eigener Verleger geworden. Mein erstes Buch „Hund sei Dank“ ist seit Kurzem bei Amazon als Ebook zum Download bereit. Dort, auf meiner Homepage und meiner Facebook-Seite findet man zudem das erste Kapitel und ein Exposé als Leseprobe.
  4. Ich werde versuchen, meinen Namen bei Wikipedia eintragen zu lassen. Denn was gibt es besseres, um sich einen Namen im Internet zu machen? Wer bei Wikipedia zu finden ist, wird nicht nur beim googeln schneller gefunden, sondern vermittelt aus unerklärlichen Gründen auch den Eindruck, wichtig zu sein. Obwohl es sich bei Wikipedia um ein öffentliches Lexikon handelt, weiss ich nicht, ob dies so einfach möglich ist. Ich will es auf alle Fälle versuchen und meine Erfahrungen allenfalls in einem späteren Blogeintrag mit Euch teilen.
  5. Ich werde ein PDF über mein Projekt Wall on Wall an einige Galerien schicken und hoffen, dass jemand einige meiner Wände ausstellen will. Das PDF sowie eine kleine Auswahl meiner Wände sind auch auf meiner Homepage zu finden.
  6. Ich werde versuchen, ein paar Zeitungen auf meine Arbeiten und meinen Namen aufmerksam zu machen. Vielleicht kann ja ein ehemaliger Arbeitskollege von mir ein gutes Wort für mich einlegen und mir hierbei ein bisschen helfen.
  7. Ich werde versuchen, neue Wege zu finden, um meinen Namen in aller Munde zu bringen. Da ich erst einige Ideen habe, aber noch nichts Konkretes, werde ich allenfalls in einem späteren Blogeintrag auf diesen Punkt zurückkommen.
  8. Ich werde weiterhin positiv denken, an mein Projekt glauben und nicht aufgeben. Und natürlich werde ich nicht aufhören zu schreiben und zu fotografieren.

Da ich dieses Projekt jedoch unmöglich alleine erfolgreich gestalten kann, möchte ich mich schon jetzt ganz herzlich für Deine Hilfe bedanken. Ich bin jedem von Euch unendlich dankbar, der mir bei diesem schwierigen Schritt unter die Arme greift – egal ob als Mund-zu-Mund-Werber, „Hund sei Dank“-Leser, Wand-Käufer oder Konstruktiv-Kritiker. Vielen, vielen herzlichen Dank.
In einer Woche geht's weiter – hoffentlich mit Dir...